Das Thema unserer Herbstveranstaltung am 28. September 2023 im Rosenegg in Kreuzlingen ist top aktuell. Während in der Schweiz öffentlichkeitswirksam verkündet wird, dass die Gleichstellung erreicht sei, verliert die Schweiz im internationalen Vergleich kontinuierlich an Boden. Gemäss einer unicef Studie ist die Schweiz in Europa das Schlusslicht bezüglich Familienfreundlichkeit! Im WEF Gleichstellungsreport verliert die Schweiz in diesem Jahr 8 Plätze und fällt aus den Top 20! Der Gender Intelligence Report 2022, welche die Universität St.Gallen zusammen mit advance jährlich erstellt, kommt zur Schlussfolgerung «The more Swiss, the worse the Glass Ceiling Index“, also je weniger Frauen schaffen es ins Management. Gleichzeitig wird aber festgehalten, dass es nicht etwa an gut ausgebildeten Frauen fehlt. Beim Berufseinstieg ist das Geschlechterverhältnis nahezu ausgeglichen, die “leaky pipeline”, setzt bei den Beförderungen ein.
Entwicklungen, die für die Zukunftsfähigkeit der Schweiz konkrete wirtschaftliche Auswirkungen haben. Die Schweiz kann es sich nicht leisten, auf hochqualifizierte Frauen zu verzichten oder dass Top Frauen sogar desillusioniert ins Ausland abwandern. Medienwirksame Abschiede von der Schweiz wie jene der Anabelle Chefredaktorin Jacqueline Krause-Blouin oder der ZHAW Dozentin Alexandra Dufrense, heute Direktorin an der Cornell Universität in USA zeigen ein Gesicht der Schweiz, dass wir korrigieren müssen. Alexandra Dufrense’s „Adieu, liebe Schweiz: Der Abschiedsbrief einer Feministin“, der bei elleXX publiziert wurde, schmerzt, muss jede Schweizer*in schmerzen. Aber sind unsere deutschen Nachbarn besser? Jein! Bei der Kinderbetreuung ja, die Gender Gaps klaffen trotzdem noch weit auseinander!
Es gibt aber auch Frauen, die in der Schweiz unternehmerische Erfolgsgeschichten schreiben und Lichtblicke in die Geld-Gaps der Frauen bringen. Unter dem Motto „Close the Gaps“ haben die Gründerinnen Patrizia Laery, Nadine Jürgensen und Simone Züger mit elleXX ein Fintech Startup auf die Beine gestellt und mit dem bisher europaweit erfolgreichsten Crowdfunding insgesamt 1.4 Mio neues Eigenkapital für weiteres Wachstum zugeführt.
«ellexx: Frauen haben im Schnitt weniger Geld als Männer – und zwar das ganze Leben lang. Warum? Die Ungleichheit beginnt im Kindesalter und zieht sich durch das ganze Finanzleben der Frau. Wir zeigen dir die neun grössten Geldlücken.»
Es freut uns deshalb ungemein, dass wir
Céline Meier, elleXX CFO und Redakteurin zusammen mit
Nicole Schawalder, elleXX Head of Marketing and Sales, als Inspiratorinnen gewinnen konnten. Sie inspirieren als Unternehmerinnen und genauso mit ihren Visionen für eine gleichberechtigte Gesellschaft. Als Mittel gegen den Fachkräftemangel haben die Arbeitgeber die Frauen entdeckt. Gut ausgebildete aber heute unterbeschäftigte Frauen sollen in die Bresche springen. Aber sind die Frauen wirklich unterbeschäftigt? In der Schweiz werden
jährlich 9.8 Milliarden Arbeitsstunden unbezahlt geleistet – zu einem grossen Teil im Care Bereich, mehrheitlich von Frauen!
Care Arbeit in der Betreuung und Kindererziehung, in der Pflege von Familienangehörigen und älteren Menschen. Aufgaben, die nicht als Doppelbelastung bei den Frauen hängen bleiben dürfen, Aufgaben für Berufsbilder, bei denen heute schon massiv Personal fehlt – Stichwort:
«Pflegenotstand»!
Bundesamt für Statistik
Das Zeitvolumen für unbezahlte Arbeit übersteigt jenes der bezahlten Arbeit
Im Jahr 2020 hat die gesamte ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren in der Schweiz 9,8 Milliarden Stunden unbezahlt gearbeitet, was im Durchschnitt 1350 Stunden pro Person bedeutet. Im Vergleich dazu hat die gleiche Bevölkerung 7,6 Milliarden Stunden gegen Bezahlung gearbeitet. Die Frauen übernahmen 60,5% des unbezahlten Arbeitsvolumens, die Männer 61,4% des bezahlten Arbeitsvolumens. -> gesamter Beitrag!
Damit Mütter auch als Fachkräfte arbeiten können müssen die Rahmenbedingungen für Familien verbessert werden. Eine überfällige Investition in unsere Gesellschaft, denn Kinder sind systemrelevant, sie sind unsere Zukunft.
Jaqueline Krause-Blouin: Ich bin überzeugt, dass in flexibleren Arbeitspensen und Jobprofilen die Zukunft liegt. Wenn sich unsere Arbeit unserer Lebenssituation anpasst – und nicht nur umgekehrt. Denn niemand braucht ein Land der ausgebrannten Frauen.
Mit familienfreundlichen, flexiblen Arbeitsmodellen, mit zukunftsfähigen Arbeitsformen, mit «New Work» beschäftigt sich unsere zweite Inspiratorin Anja Knabenhans, Chefredakteurin von «AnyWorkingMom». Anja war viele Jahre Journalistin bei der NZZ. Als Mutter von zwei Kindern übt Anja heute selber den Spagat zwischen Beruf und Familie.
Wenn es um neue Arbeitsmodelle geht, bedeutet dies nicht, dass eine Frau zwangsläufig «Kinder und Karriere» leben muss. Vielmehr ist es wichtig, dass Männer und Frauen, Mütter und Väter, gemeinsam und frei entscheiden können wie sie Familie und Beruf organisieren. Es muss nicht «Entweder-oder» noch «sowohl als auch» sein. Mit Job- und Top-Sharing ist ein «sowohl als auch» möglich. Teilzeit muss nicht das Karriereaus bedeuten. Das gelebte Modell muss auf die spezifische Lebenssituation passen, Stereotypen müssen überwunden werden:
Anja Knabenhans: Es gibt nicht DIE Any Working Mom. Jede darf ihren eigenen Weg definieren – das ist aber gar nicht so einfach.
Ganz wichtig ist, dass die sogenannte «Child Penalty», die Mutterschaftsstrafe verschwindet. Diese ist in Deutschland und der Schweiz noch 10 Jahre nach der Geburt des ersten Kindes minus 60 %. Mütter (mit vergleichbaren beruflichen Voraussetzungen) verdienen also 10 Jahre nach der ersten Niederkunft 60% weniger als Väter, die ihre Karriere unberührt vom Familienzuwachs fortsetzen konnten. Dies ist eine der wichtigsten Ursachen für die verschiedenen Geldlücken der Frauen – ganz besonders auch für das Gender Pension Gap!
Unsere dritte Inspiratorin, Tijen Onaran ist eine der 100 einflussreichsten Wirtschaftsfrauen Deutschlands. Als Unternehmerin ist sie mit Global Digital Women, einem Netzwerk digitalaffiner Frauen und ACI Diversity Consulting führend auf dem Gebiet «Diversity». Als Investorin wird sie im Herbst 2023 als Jurorin in «Die Höhle der Löwen» zu sehen sein. Mit ihrem Buch „Nur wer sichtbar ist, findet auch statt“ hat sie einen Spiegel Bestseller gelandet.
Tijen wird auch «Diversity Flüsterin der CEO’s» genannt. Sie berät die Deutsche Bahn, Bechtle, Unilever und viele weitere namhafte Firmen in der Entwicklung von Diversity Strategien. Dabei geht es um handfeste wirtschaftliche Vorteile. Unternehmen mit ausgeprägter Vielfalt sind überdurchschnittlich profitabel. Diversität ist aber auch anstrengend. Der Erfolg ergibt sich aus der Fülle an unterschiedlichen Perspektiven und Ansichten. Nicht ohne Grund gilt «Gleich und Gleich gesellt sich gern». Weniger erfolgreich aber viel bequemer! Wir sind gespannt auf die Impulse die uns Tijen vermittelt.
Ganz besonders freuen wir uns auf die Paneldiskussion mit allen unsern Inspiratorinnen, moderiert von Sheerah Kim, Communication Officer BPW Europe und Vorstandsmitglied von BPW Switzerland.
Herzlichen Dank unseren Sponsoren und Partnern